Entschuldigen Sie, ich arbeite nicht für lau! // Über Wertschätzung von Bloggern
Mittlerweile blogge ich seit 4,5 Jahren. Mal mehr mal weniger. Manchmal stelle ich hier neue Produkte vor, manchmal plausche ich einfach aus dem Alltag einer Großfamilie und ab und an lasse ich auch tiefgehende Themen zu und mache mich „nackig“. Das, was als Hobby angefangen hat, ist mittlerweile mehr. Viel mehr. Das hier ist mein Standbein, mit dem ich uns finanziell ein Polster ermögliche, das uns ein wenig leichter leben lässt. Deswegen möchte ich nun auch mal etwas über die Wertschätzung von Bloggern schreiben. Denn mittlerweile bin ich wahrscheinlich lange genug im Geschäft und habe dann doch einen gewissen Einblick, wie Firmen und Kooperationspartner die Person an der anderen Seite vorführen und ausnutzen.
Ganz am Anfang war ich doof.
Ja, ich war so richtig doof. Wenn du sonst keine Ahnung vom „Influencen“ hast, frisch in diesem Bereich bist und du bekommst ne E-Mail, ob du dies und jenes Produkt, das ganz frisch auf dem Markt ist, vorstellen möchtest – wie reagierst du da? Ich habe mich gefreut. Und zwar sehr. Da gibt es also jemanden, der mich über Suchmaschinen gefunden und gut genug für sein Produkt befunden hat. Yay.
Klar stellte ich das Produkt vor – für lau. War ja schließlich Ehrensache. Ein gratis Produkt für mich! So dachte ich jedenfalls. Immerhin sollte sich mein angemeldetes Gewerbe lohnen. Herrje, war ich damals nervös. So ein erstes Mal ist aber auch spannend.
Mein Blog wuchs – und ich mit ihm.
Ich schrieb viele Artikel, versuchte mich in SEO-Optimierung, Keyword-Recherche und all dem Kram, von dem ich keine Ahnung hatte. Meine Seite zog von einem Anbieter zum nächsten um, es gab ein neues Design, das ich wochenlang im Netz zusammenstellte und nach meinen Wünschen anpasste.
Dann meldete ich mich bei einigen Blogger-Seiten an, die Kooperationen vermitteln sollten und stellte fest: Hoppla, es gibt ja Menschen, die zahlen für meine Reichweite. Es gibt Menschen, die bezahlen meine Arbeit.
Die ersten richtigen Schritte zum bezahlten Blogger.
Und so bewarb ich mich auf viele Kooperationen, von denen ich dachte, sie passen zu mir und mit etwas Glück konnte ich hier richtig tolle Dinge abstauben UND dafür ein Honorar kassieren. Eine Bezahlung für meine Zeit, meinen Aufwand und meine Reichweite. Wertschätzung eben. Der Vorteil hierbei ist wirklich, dass du fixe Vorgaben hast, in deren Rahmen du arbeitest und dennoch kreativ sein kannst. Du weißt, es ist alles sauber gekennzeichnet und das Honorar wird auch wirklich überwiesen.
Nebenbei trudelten immer mehr E-Mails mit Anfragen für Arbeiten gegen Produkt ein. Oder Anfragen für kostenlos gesetzte Links, die ich zusätzlich verschleiern und mich strafbar machen sollte. Seriöse Kooperationsanfragen per Mail habe ich übrigens bis heute kaum. Wenn da eine von 100 dabei ist, die Sinn macht UND zu mir passt, ist das ein Wunder. Wenn wir uns dann auf einen Preis einigen und das Ergebnis präsentieren können, ist das wirklich toll – aber auch verdammt selten.
Auch Anfragen, ob ich für lau, also gratis fremde Texte veröffentliche, die ganz klar Produkte bewarben, gab und gibt es bis heute unendlich viele. Zum Teil so dreist, dass nicht einmal der korrekte Name geschweige denn der Blogname im Anschreiben passen.
Es gibt übrigens keinen Unterschied zwischen kleinen und großen Firmen.
Erst heute hat mich wieder eine Nachricht erreicht, ob ich denn nicht ein Produkt gratis 30 Tage testen möge, es danach auf allen Plattformen vorstellen kann und mit etwas Glück bei genug Langzeitabonnements eine Provision kassieren möchte. Von einer richtig großen Firma, die Unmengen an Geld in Fernsehwerbung, Werbung auf FB, Instagram und sonstige Plattformen investiert. Für einen Blogger reicht es aber nicht. Der soll gefälligst gratis arbeiten.
Neulich hatte ich auch eine Anfrage im Postfach, ob ich denn gegen ein wirklich geringes Honorar einen Bücherstore vorstellen möge. Als ich antwortete, dass dies nur geschieht, wenn wir uns preislich einigen können und ich um einen Probeversandt bitte, kam nichts mehr. Gar nichts. Wertschätzung eben.
Das sind keine Einzelfälle, sondern Normalität, wenn man sich durch Kooperationsanfragen wurschtelt. Nö, einfach nö. Wenn man auf sein Honorar besteht, wird entweder gepöbelt oder die Nachrichten werden einfach nicht mehr beantwortet. Hoch professionell. Aber es findet sich ja wirklich immer jemand, der demütig lächelnd und dankend gratis Werbung macht.
Die Wertschätzung von Bloggern lässt zu wünschen übrig.
Ich las neulich auf Instagram von einer Microinfluencerin, wie stolz sie sei, dass sie regelmäßig Kooperationspartner hätte und klar stellt sie die Produkte gratis vor. Das sei doch Ehrensache.
Was sie dabei allerdings hinten runter fallen ließ, so wie viele andere wahrscheinlich auch, die sich über das Produkt freuen: Du musst alles versteuern. Das Finanzamt nimmt keine Produkte für deine Gewinne in Zahlung. Im Endeffekt kostet es den Kooperationspartner nen Appel und n Ei, während du drauf zahlst. Und zwar gewaltig.
Du wirst bei diesen „ich mach’s gratis“-Aktionen weder anteilhaft begünstigt (außer vielleicht auf Instagram bei großen Influencern, wenn es sich lohnt), noch wird deine Zeit, deine Arbeit und deine Mühe entlohnt. Du zahlst drauf, während sich die Firmen ins Fäustchen lachen, weil sie jemand Dummen gefunden haben, der wegen eines Produkts für nix arbeitet.
Was zusätzlich noch dazu kommt: Hast du dir mal überlegt, wie sehr man die Bloggerbranche oder auch Influencerbranche herunter wirtschaftet, wenn man sich gratis anbietet? Da sind Menschen, die machen einen verdammt guten Job, machen sich Gedanken über die Umsetzung, wollen es so lesernah wie möglich rüberbringen und die Kooperation geht an jemanden, der was lieblos hinrotzt, weil es eben kostenlos oder billig(er) ist.
Das Produkt tut den meisten Partnern nicht weh. Das ist eh da. An der Wertschätzung in Form der Bezahlung hapert es.
Wer Qualität und eine gute Kooperation möchte, sollte auch wertschätzend bezahlen!
Ich wette mit dir, jeder einzelne dieser Menschen, die solche Anfragen verschicken, lebt von einem Gehalt. Echtem Geld. Kein einziger von denen würde wegen eines Produkts im zweistelligen Bereich stundenlang Fotos schießen, sich den passenden Rahmen dafür aussuchen, den Text zur Korrektur einreichen und nachbessern. Kein einziger. Jeder von denen möchte nämlich am Ende des Monats seine Miete und seine Fixkosten bezahlt wissen.
Das was ich hier mache, ist eine Dienstleistung. Ich stelle meine Reichweite, meine Erfahrung und meine Arbeitszeit zur Verfügung. Ich setze mich mit dem Produkt auseinander und versuche es so authentisch wie möglich einzubauen, insofern es denn überhaupt für mich infrage kommt. Es ist ein Job wie jeder andere auch.
Jemandem einreden zu wollen, es sei toll, für lau zu arbeiten, es sei toll, diese Produkte abzugreifen, das ist einfach nur respektlos und anmaßend.
Meine Arbeit ist es wert, angemessen bezahlt zu werden. ICH bin es wert, angemessen bezahlt zu werden.
Punkt!
Die meisten Blogger, die ich kenne, denken zum Glück genauso. Die meisten sind auch nicht darauf angewiesen – zum Glück.
Aber: Liebe Firma, lieber möglicher Kooperationspartner, denk mal nach: Wenn ich es dir nicht wert bin, dass du mich wertschätzend bezahlst, dann ist es mir die Zeit nicht wert, mich weiter mit dir auseinander zu setzen. (Sagt übrigens auch Caroline Preuss.)
Denn auch meine Kinder wollen am Ende des Monats noch was Sinnvolles essen, auch ich muss Rechnungen begleichen und mir überlegen, wie ich meine Zeit einteile. Und bevor ich dir meine Zeit und Arbeit in den Rachen werfe, ja dann blogge ich lieber über Dinge, die mir Spaß machen, die mich beschäftigen und du musst halt woanders weiter hausieren gehen. Denn meine Zeit ist kostbar und meine Reichweite entstand nicht durch nichts. Sie entstand durch Durchhaltevermögen, Liebe zum Schreiben und viel Engagement. Und das sollte entlohnt werden – angemessen!
Das hier, das ist nicht mein Hobby, das ist mein Job!
Und deshalb appelliere ich nochmals: Ich, die meisten anderen Blogger auch, stellen den Lesern die Texte gratis zur Verfügung. Ja auch dir. Damit ich mich momentan über Wasser halten kann und die Fixkosten gedeckt sind, schalte ich Werbung. Findest du doof, finde ich auch doof. Finden wir beide nicht ideal.
Aber so ist es. Solange noch immer die Meinung herrscht, das Bloggen sei ja immer nur so nebenher und sich Menschen finden, die für lau arbeiten, haben es Menschen schwer, die tatsächlich darüber ihr Geld verdienen. Denn das ist Arbeit. Viel Arbeit.
So ein schneller Blogbeitrag wie der Wochenplan nimmt schon einige Zeit in Anspruch. Schreibe ich über andere Themen, recherchiere und fotografiere, kannst du pro Blogpost zwischen 5 und 8 Stunden rechnen. Das ist Arbeit. Nur, um mal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Wenn ich dann lese, ich solle das Ganze doch einfach gratis machen, weil die Firma so toll sei, möchte ich schreien. Laut. Denn wer mir sowas unterbreitet, ist weder toll noch empfehlenswert, sondern ein Arsch. (Hat sie das echt geschrieben? Hat sie!)
Auf was ich hinaus möchte? Auf die fehlende Wertschätzung von Bloggern
Die meisten von uns machen einen grandiosen Job, meistern den Spagat zwischen Familie, Haushalt, Blog und zig anderen Aufgaben. Und dennoch sitzen wir regelmäßig am PC, bearbeiten Bilder, schreiben Texte, überlegen uns Themen für Artikel mit Mehrwert. Wir leiern uns Zeit aus den Rippen, die wir nicht haben, hängen niemals Firmen mit diesen arschigen Anfragen an die große Glocke und verhalten uns in den allermeisten Fällen fair und respektvoll.
Bloggen ist Arbeit.
Das sollte honoriert werden.
Danke!
Herzlichst, die Julie
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