Nostalgie und Wehmut
Kennst du das? Du verlierst einen wertvollen Menschen, der einen wichtigen Teil deines Lebens ausgemacht und begleitet hat. Und auch nach Jahren des Verlusts fehlt dieser Mensch.
So geht es mir mit meinen Großeltern. Die ersten vier Jahre habe ich bei diesen wundervollen Leuten verbracht. Ich wurde morgens zu meiner Oma gefahren und ging mit ihr auf den Spielplatz, einkaufen, durfte ihr kochen helfen. Noch heute sehe ich sie vor mir stehen, die braun gefärbten kurzen Haare in Dauerwelle, die großen warmen und tiefbraunen Augen von Lachfalten geschmückt, den „Hexenfinger“, den sie beim Schneiden immer wegstreckte und der Kittelschürze. Und mittags kam mein Opa von der Arbeit mit dem Fahrrad nach Hause. Nach dem Essen und einer Kuschelrunde unternahmen wir viel. Sei es eine Radtour, bei der ich im Fahrradsitz einschlief, oder wir gingen in die Pilze. Oder er las mir aus Büchern vor. Bücher, die heute in meinem Regal stehen, zerfleddert und mindestens tausendmal gelesen. Die Geduld, die diese beiden mit mir hatten, bewundere ich bis heute.
Als ich in den Kindergarten kam, war ich zumindest noch jedes Wochenende bei meinen Großeltern. Das Essen meiner Mama konnte aber auch nicht mit dem von Oma mithalten, kochte sie auch jegliche Extrawurst für mich! Auch die Unternehmungen mit meinen Eltern waren nur halb so schön, als wenn die beiden dabei waren. Kein Wunder, wenn man so verwöhnt wird, wie es Großeltern eben machen (sollten). 😀
Meine Oma ging, als ich zehn war, zu den Sternen. Sie war sehr krank, aber auch sehr tapfer. Ab da war mein Opa zweimal die Woche bei uns. Erst, um nicht allein zu sein und dann, weil es zur Gewohnheit geworden war.
Als ich auszog, verlagerten sich die Besuche immer mehr zu mir – und ich genoss es. Meine großen drei durfte er noch miterleben – und war eine absolute Bereicherung für meine Kinder. Doch dann wurde auch er krank und wir mussten ihn gehen lassen. Noch heute erzählen meine Kinder von ihrem Opa, der auf dem pinken Mammutstuhl vom Schweden saß und mit ihnen Holzpuzzles gelöst oder stundenlang mit den dreien über den Boden gekrochen war, um mit ihnen Haselnüsse zu sammeln.
Jetzt ist er fort. Und in unserem Garten steht ein Haselnussstrauch, der uns an ihn erinnern soll. Es gibt Tage, da bin ich sehr traurig, dass er meinen Kleinsten nicht mehr miterlebt. Und dann schaue ich diesen kleinen Mann an und sehe in das Gesicht meines Opas. Er ging, an dem Tag, an dem ich erfuhr, dass unser Glückskleeblatt von einem Jungen vervollständigt wird. Na, wenn das kein Zeichen ist. Die meiste Zeit denke ich aber dankbar und gern an diesen liebevollen und ruhigen Menschen, der sein letztes Hemd für uns gegeben hätte – und hoffe, ich habe wenigstens ein bisschen was von ihm und konnte etwas von seiner tollen Art übernehmen.
Und weißt du, warum ich so gern backe und koche? Es holt mir in gewissen Dingen meine Oma zurück. Bei manchen Gerüchen muss ich nur die Augen schließen und sehe sie wieder in der Küche stehen.
Die Wohnung, in der die beiden lebten, wurde leergeräumt und saniert. Heute lebt dort ein junges Pärchen mit Kinderwunsch. Und wer weiß. Vielleicht werden dort genauso tolle Erinnerungen geschaffen, wie ich sie haben darf?
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