Wenn aus dem Kleinkind ein Kindergartenkind wird. // Erste Male und letzte Male
Vor exakt drei Jahren kam der Frosch zur Welt. Drei Jahre, in denen ich viele letzte Male erleben durfte. Und viele erste Male vom Frosch. Jetzt ist es soweit. Ein bisschen schmerzt es und ein bisschen freue ich mich. Denn mit dem dritten Geburtstag ist der Abschied vom Kleinkind, das nun zum Kindergartenkind wird.
Erste Male …
Der Anblick, als ich dich nach einer anstrengenden Geburt endlich in den Armen halten durfte. Nie werde ich dieses zerknautschte Gesicht vergessen, das mich genauso erschöpft ansah, wie ich mich fühlte. Noch heute tanzt mein Herz, wenn ich an unseren ersten Augenblick denke. Und auch an deine ersten Schritte kann ich mich noch genau erinnern.
Diese Freude und die großen Augen, als du das erste Mal das Meer erblicktest und mit vorsichtigen kleinen Schritten deine kleinen Zehen vom Salzwasser umspülen ließt. Ein magischer und toller Moment für uns alle.
Du hattest vor kurzem deinen ersten Schnuppertag im Kindergarten. Bald wirst du deinen ersten Tag als Kindergartenkind haben, regelmäßig dorthin gehen und einen Platz in deiner Gruppe haben. Die Windel hast du hinter dir gelassen und gehst jetzt wie die Großen aufs Klo. Mit ganz viel Stolz, wenn auch größere Geschäfte funktionieren.
Deine ersten Versuche auf dem Laufrad waren vorsichtig – zaghaft. Den Helm dazu, denn deine Sicherheit ist mir wichtig, fandest du total doof. Und so wolltest du lieber wieder Bobby Car fahren und schleichst um das Laufrad lieber herum oder fährst heimlich, wenn die Mama nicht hinsieht.
Dafür bist du ein absoluter Profi, wenn es um Purzelbäume und Klettergerüste geht. Auf deine Körperbeherrschung bin ich ja ein wenig neidisch. Und so verwunderte es kaum einen, als du auf dem neuen Spielplatz ohne zu zögern auf die größte Rutsche klettertest und todesmutig ohne Hand und Auffangen nach untern kamst.
Du entdeckst die Welt und zeigst sie mir dadurch neu. Die Dramatik um deinen ersten Bienenstich war groß. Dafür war die Freude in deinen Augen über das erste eigens gepflückte Blümchen in diesem Jahr riesengroß. Ein einfaches Blümchen kann so viel Freude machen. Nein, das war mir wirklich nicht bewusst, bis du mir das wieder näher gebracht hast. Dein erstes gemaltes Herz mit Straßenmalkreide war einfach nur schön!
Bis du groß bist, werden noch einige erste Male kommen. Du wirst in die Schule kommen, den ersten Liebeskummer erfahren, Freundschaften knüpfen und wieder lösen. Und du wirst dich abnabeln. Mit jedem Tag mehr. Dieser Zeit blicke ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.
Letzte Male …
Mit dir durfte ich eine letzte Schwangerschaft erleben, das letzte Mal eine Geburt erleben. Das letzte Mal dieses Wunder, dass Leben in mir wächst, dass mein Körper zu solch einer Leistung fähig ist. Auch an das Stillen denke ich mittlerweile verklärt zurück. Hach ja, dieser kleine Mensch, der so liebevoll von seinen Geschwistern aufgenommen wurde, wird wirklich schon drei.
Umso schwerer fiel mir der Abschied vom Stillen. Und auch der Auszug aus dem Familienbett war für mich mit Traurigkeit verbunden. Denn die Endgültigkeit, das nicht noch einmal zu erleben, lähmte mich ein wenig in meiner Freude, das Bett wieder für mich zu haben.
Dafür war es ein großer Schritt, als du anfingst zu sprechen. Somit war es irgendwann so weit, dass du mir sagen konntest, was dir fehlt. Ein Fortschritt, der uns beiden einiges erleichterte.
Mit jedem Tag mehr, den du zum Wachsen nutztest, wuchs auch die Lust an Schabernack. Deswegen, ja da bin ich ein wenig gemein, freue ich mich darauf, wenn du im Kindergarten bist. Denn zerschnittene Bilder und auseinander genommene Kunstwerke des Bruders, während ich auf dem Klo sitze, wird es dann nicht mehr geben. Und auch wütend ausgeleerte Kleiderschränke gehören dann hoffentlich der Vergangenheit an.
Dann ist da noch der Abschied von der Windel. Ein positiver Abschied, den ich mit dir nach fast 9 Jahren Dauerwickeln wirklich gefeiert habe. Keine Panik mehr, dass beim Ausflug essentielle Wickelware vergessen wurde oder dass der Vorrat nicht reicht, um die 3 Stunden bei einer Freundin zu überstehen. Ein kleiner Befreiungsschlag.
Und es wird noch viele letzte Male geben. Der letzte Kindergartentag zum Beispiel. Oder das letzte Mal, dass du möchtest, dass ich an deinem Bett sitze und dir eine Geschichte vorlese. Ein bisschen freue ich mich auf die neuen Freiheiten, wenn du aus dem Gröbsten heraus bist und immer eigenständiger wirst. Und ein bisschen ist das wie Abschied nehmen. Abschied von einer wundervollen Lebensphase, vom vielen Kuscheln und tiefster Verbundenheit – Abschied vom Kleinkind.
Jetzt bist du schon so groß!
Du wächst jeden Tag. Es gibt ständig neue Dinge, die du für dich entdeckst und erschließt. Und gleichzeitig verabschiedest du dich immer mehr von meinem ach so vertrauten Baby und Kleinkind. Du hast deinen eigenen Kopf, lachst aus vollem Herzen, der Schalk sitzt dir im Nacken und ständig heckst du neue Dinge aus. Für Baufahrzeuge interessierst du dich besonders, Baustellen können stundenlang beobachtet werden. Mit Hingabe pflücken deine kleinen Hände Blümchen, die du voller Stolz überreichst und auch erwartest, dass sie gut umsorgt in einem Gläschen auf dem Esstisch stehen. Mit Absicht sagst du zur Kuh „Pferd“ und zum Pferd „Kuh“, nur um meinen gespielt entrüsteten Gesichtsausdruck zu sehen. Du erschließt deine Welt und ziehst für dich eigene Schlüsse. Dein Wissensdurst ist riesig und kann kaum gestillt werden.
Für mich ist es ein bisschen wie loslassen und dir Flügel geben. Ich bin unheimlich stolz, wie du mit deinen kleinen Beinchen durchs Leben stapfst und sie dir zu eigen machst. Und gleichzeitig würde ich gern noch mein kleines Baby im Arm halten, vermisse ein wenig deine Anhänglichkeit und deinen Wunsch nach Schutz. Du bist einfach nicht mehr klein, du bist groß. Und mit jedem Tag wirst du größer und entwickelst dich weiter. Der Abschied vom Kleinkind ist unvermeidbar und dennoch bittersüß.
Mit dir wird es noch viele erste Male und letzte Male geben.
Ein letzter Gute-Nacht-Kuss, ein letzter Kindergartentag, ein letztes Mal Schulbrote schmieren. Das letzte Mal Pflaster auf das verletzte Knie kleben, in der Badewanne Schaumtiere raten, den Nachtschreck gemeinsam überstehen oder mit dir an der Baustelle stehen, um den Baggern und Kränen zuzusehen.
Ein erster Tag im Kindergarten, ein erster Kinobesuch, ein erster Schultag, ein erstes Mal vom Verliebtsein kosten und Herzschmerz verarbeiten. Die erste eigene Wohnung, das erste eigene Auto, das erste selbstverdiente Geld und noch vieles mehr.
Es wartet noch so viel auf dich, mein Spatz. Und ich wünsche mir von Herzen, dass ich all das mit dir entdecken und erleben darf.
Happy Birthday, kleiner Frosch! Ich hab dich lieb!
Deine Mama