Gastbeitrag: „Unser wunderbarer Kindergarten“ – eine Erfolgsgeschichte
Heute meldet sich Inga Denise, Mama von drei Jungs und Bloggerin auf BloggerMumof3Boys, zu Wort. Außerdem nimmt sie uns gern auf Instagram mit durch ihr Leben. Heute berichtet Inga davon, dass der Kindergarten nicht immer nur mit schlechten Erfahrungen verbunden ist, sondern zeigt auf, dass es auch Erfolgsgeschichten gibt.
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So oft lese ich, wie schlecht Kindergärten seien und dass Kinder nur verwahrt würden. Wir haben im ersten Kindergarten auch keine gute Erfahrung gemacht. Unser Großer schien von den Erzieherinnen einfach nicht gemocht zu werden. Auch das Entwicklungsgespräch war so negativ, dass wir erst einmal mit fachlich kompetenten Freunden gesprochen haben, ob unser Kind Probleme habe. Dann sind wir aber umgezogen und aufgrund der Entfernung mussten wir uns einen neuen Kindergarten suchen. Dort erleben wir nun seit 2013 inzwischen beim dritten Kind, wie wunderbar Kindergarten eigentlich sein kann.
Erste Eindrücke können täuschen
Unser Großer ist noch von Februar bis Juli „Kindergartenpendler“ zum alten Kindergarten gewesen, weil wir lieber auf den Platz bei unserem Zweitwunsch im August warten wollten. Alternativ wurde uns von der Stadt sofort ein Platz angeboten in einem KiGa, von dem alle Bekannten abrieten.
Unser Erstwunsch in fußläufiger Entfernung lehnte uns ab, im Nachbarstadtteil bekamen wir dann einen Platz. Schon die Erklärung war schön, es habe zwar frühere Anmeldungen gegeben, aber ein Kind, das in einer neuen Stadt ohne Freunde sei, brauche einen Platz dringender. Beim ersten Elternabend, das gebe ich zu, war ich verunsichert. Die Erzieherinnen waren deutlich älter als im ersten Kindergarten. Ich befürchtete also wieder Pädagogik, die mich an die 80er Jahre erinnerte. Sie wirkten aber sehr nett, humorvoll und motiviert. Dazu kam der schlechtere Erzieherschlüssel. Im alten KiGa waren zu den Kernzeiten 3 Erzieherinnen bei 20 Kindern, nun kamen 2 Erzieherinnen (plus Praktikanten) auf 25 Kinder.
Der Start im neuen Kindergarten
Der Kindergarten begann also, ganz ohne Eingewöhnung nach einem Schema. Der Große (fast 4) blieb ab dem ersten Tag den ganzen Vormittag. Am ersten Tag hat er direkt seinen (immer noch) besten Freund kennengelernt. Er vermisste seine Freunde aus dem alten Kindergarten dennoch. Eine Aussage hat mich aber schon schockiert „die Erzieherinnen sind hier viel netter, die schreien uns nie an!“ (das sagte das Kind, ich habe keine Erzieherin im alten KiGa jemals schreien hören!). Generell fiel mir aber direkt auf, wie herzlich und warm die Stimmung im Kindergarten war. Unser Großer blühte gradezu auf und gewöhnte sich ganz schnell um.
Erzieherin als Berufung
In unserem Kindergarten habe ich den Eindruck, dass es bei allen Erzieherinnen kein „Job“, sondern eine Berufung ist. Der Umgang mit den Kindern ist immer positiv und liebevoll. Noch nie habe ich das Gefühl gehabt, dass das Team genervt von den Kindern ist. Außerdem habe ich festgestellt, dass das Alter einer Erzieherin keine Rolle spielt. Unsere Erzieherinnen bilden sich regelmäßig fort, inzwischen sind mehrere nach Reggio zertifiziert und generell sind sie alle gefühlt jung und haben Freude an den Kindern und mehr Energie als ich.
Betreuung auf Augenhöhe
Was mir besonders an unserem Kindergarten immer wieder auffällt, ist der respektvolle Umgang miteinander. Es ist ein Miteinander und den Kindern begegnen sie auf Augenhöhe. Natürlich gibt es auch Regeln, aber nicht so viele und die sind klar kommuniziert und auch warum. Aber Erzieherinnen und Kinder bleiben immer im Gespräch. Konflikte lösen die Kinder verbal untereinander, natürlich gibt es dabei auch Unterstützung. Kinderrechte sind auch ein großes Thema, die Bedürfnisse der Kinder werden wahr genommen und respektiert. Auch sind nicht alle Regeln in Stein gemeißelt. Unser Großer war eine andere Altersstufe als sein bester Freund. Die Erzieherinnen haben gesehen, dass die beiden sich brauchen und so durfte unser Großer mit der Altersgruppe des Freunds zur Wunsch-Wander-Woche oder in den Turnraum.
Ein Kind leitet jeweils den Morgenkreis und die Kinder bringen Ideen ein, was sie machen möchten und das wird aufgegriffen. Manche Aktionen kommen von den Erzieherinnen, aber sehr vieles von den Kindern. So gab es ein Pyramidenprojekt mit einer Ausstellung am Ende, manchmal wird spontan etwas gebacken oder Obst eingekocht.
Ein Schatz im Herzen
Eine andere Mutter sagte einmal, die Kinder tragen die Zeit in diesem Kindergarten für immer „wie einen Schatz im Herzen“. Dass die Erzieherinnen so liebevoll und mit Respekt mit den Kindern umgehen, überträgt sich aber auch auf die Kinder. Unser Großer hatte einmal Angst vor einem Ausflug und wollte nicht mit. Die anderen Kinder überlegten, wie sie ihm helfen könnten, damit er auch mit geht. Der Vorschlag war dann, dass ein Kind von sich aus den begehrten Platz neben der Erzieherin aufgebe, damit er neben ihr sei und keine Angst haben müsse.
Auch bei Kindergeburtstagen fällt oft anderen helfenden Eltern auf, wie sozial und empathisch die Kinder seien. Wir hatten einmal beim Geburtstag des Mittleren ein Planschbecken aufgebaut und es ergab sich das Spiel mit Anlauf da rein zu springen. Unaufgefordert bildeten die Kinder eine Schlange und wenn jemand zu lange planschte, wurde freundlich gefragt, ob man nun dürfe. Eine Freundin (Lehrerin) war völlig verdutzt, denn ihre Schüler würden so etwas nicht hinbekommen. Jedes Kind stellte sich nach dem Sprung wieder hinten an. Als wir eine kleine Eisdiele aufbauten, gab es ebenfalls kein Gedrängel, sondern es wurde freundlich gefragt, ob man nun dran sei. Ältere Kinder helfen unaufgefordert kleineren Kindern bei Spielen oder Bastelaktionen.
Inklusion und Individualität
Zur Kindergartenzeit des Mittleren wechselte die Kindergartenleitung. Uns fiel der Abschied schwer, aber die neue Leitung brachte noch mehr tolle Ideen. Dazu, dass unser Kindergarten Bewegungskindergarten ist, kam das freiwillige Angebot zu musikalischer Früherziehung und Gebärdensprache. Das kam daher, weil ein Geschwisterkind gehörlos geboren wurde und der Kindergarten sich vorbereitete. Alle Erzieherinnen können nun Gebärden (die Kurse sind spendenfinanziert) und die Kinder können es auch lernen. Für unseren Kleinen ist es völlig normal, dass sein Freund „mit den Händen spricht“. Darum geht es eben, dass Inklusion einfach gelebt wird.
Im Kindergarten wird nie jemand bewertet, sondern das wunderbare Team nimmt jedes Kind, wie es ist. Wenn ein Mädchen sagt, es sei ein Junge, ist es eben so. Unser Kleinster lässt die Haare wachsen und trägt eine Haarspange. Es hat bisher keine doofen Kommentare gegeben. Ich bin auch absolut sicher, dass die Erzieherinnen da eingreifen würden.
Fröhlicher Kindergartenalltag
Oft werde ich gefragt, wann bei uns die „Draußenzeiten“ seien. Unser Kindergarten hat ein großes Gelände mit vielen Spielmöglichkeiten. Aber bestimmte Zeiten? Das Wetter muss schon wirklich schlimm sein, also Sturm oder Unwetter, dass sie nicht raus gehen. Teilweise sind alle oder manche Kinder den ganzen Tag draußen. Wenn es regnet, eben in Matschkleidung.
Es wird gesungen und gespielt, gemeinsam gegessen und gelacht. Oft wird gemalt oder gebastelt und von den Erzieherinnen vorgelesen. Ich bin immer wieder beeindruckt, dass sie trotz auf dem Papier schlechten Betreuungsschlüssels so eine phantastische Arbeit machen und so auf die individuellen Kinder eingehen. Daher finde ich schade, wenn Betreuungsqualität nur auf die Anzahl der Kinder pro ErzieherIn bezogen wird. Denn ich finde unseren Kindergarten grandios.
Hab ich denn gar keine Kritik?
Wir sind glücklich und dankbar, dass unsere Kinder diesen tollen Kindergarten mit dem wundervollen Team besuchen durften und dürfen. Schwierig ist eben manchmal, dass nur 35 Stunden Betreuung angeboten wird, der Kindergarten also nur bis 14:15 geöffnet hat. Manchmal wünschte ich mir 1-2 Stunden mehr. Aber für die Qualität der Betreuung nehmen wir das gern in Kauf. Ich höre auch von anderen Eltern keine Kritik.
Ein „Nachteil“ war beim Großen, dass er in der Schule aus allen Wolken fiel, dass nicht alle Kinder Konflikte verbal lösen wollen oder können. Einige Kinder schlugen oder traten direkt, statt auf sein „wie können wir das lösen?“ einzugehen. Das kannte er aus dem Kindergarten überhaupt nicht. Dort wurden Probleme mit Worten gelöst, alleine oder eben mit Unterstützung einer Erzieherin. Aber genau das hat er eben für’s Leben gelernt. Ich erlebe es auch bei den Freunden der Kinder, dass dieser Kindergarten sie positiv geprägt hat. Sie sind sehr sozial und empathisch und suchen Lösungen für Konflikte.
Es kommt auf das Kind und den Kindergarten an
Ich lese manchmal Berichte, bei denen ich verstehen kann, dass Eltern dann lieber Zuhause betreuen. Manchmal gibt es Zwang oder Strafen. Meine eigene Kindergartenzeit war nicht besonders schön. Umso glücklicher sind wir, dass unsere Kinder in einem guten Kindergarten sein durften und das eben selbst auch so empfinden. Unser Großer sagte noch die ersten zwei Schuljahre, dass er lieber in den Kindergarten gehen würde. Denn dank der kreativen und offenen Erzieherinnen war es niemals langweilig. Unser Kindergarten bietet keine Englischkurse, Töpfern oder Akrobatik. Stattdessen wird das Miteinander und Respekt groß geschrieben, was uns viel wichtiger ist.
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Herzlichst, die Julie
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