Die Sache mit den Schürzenjägern und dem weißen Sprudel
Kennst du Situationen, die sich so einbrennen, dass man sich nach Jahren noch mit einem Schmunzeln daran erinnert? So geht es mir mit diesem Jugendschwank. Was weiße Limo und die Schürzenjäger gemeinsam haben? Ach, lies selbst.
Damals, als die Erde noch eine Scheibe war, die Sonne im Westen aufging und die Dinos uns noch zur Schule brachten … Nein, ganz so lange ist es noch nicht her. Aber als ich jung war, war ich gern unterwegs. Ob das Diskos, Festzelte (so typisch Dorf eben) oder Cocktailbars waren, war dabei schlichtweg egal. Egal, wo ich auftauchte, man kannte mich. Und so kam es, dass ich immer wieder einem netten jungen Mann begegnete, mit dem ich ins Gespräch kam.
Wir plauderten, wir flirteten und hatten eine Menge Spaß. Nein, nicht die Sorte Spaß, die Konsequenzen haben könnte. Wir lachten eben gern, standen oft an der Bar oder ich versuchte, ihn zum Tanzen zu überreden. Letzteres scheiterte daran, dass er zu schüchtern und seine Kumpels zu neugierig waren. Außerdem fand ich seinen Dialekt lustig. Das Allgäuerisch klingt halt schon sehr urig und bellend. Und er beherrschte es perfekt – nein, eigentlich beherrschte er kein Hochdeutsch.
Irgendwann tauschten wir die Handynummern aus. Denn irgendwie machte es Spaß, sich mit ihm zu verabreden. Während ich allein kam, hatte er immer seine Kumpels dabei. Schüchtern eben. Doch ich mochte seine Freunde, diese humorvollen Kerle, die immer einen flapsigen Spruch auf den Lippen hatten und keinen Hehl daraus machten, dass er seinen Hintern nicht hochbekommen würde.
Mich störte das wenig. Als Mensch mochte ich ihn, diesen jungen Mann, aber als Partner kam er für mich nicht infrage.
Doch dann, einige Zeit später, nahm er all seinen Mut zusammen, führte mich an der Hand an einen ruhigen Ort, um mit mir zu reden. Mir wurde kalt, ich bekam Muffensausen. Nein, ich wollte keine Geständnisse, keine Gefühlsduselei. Mir gefiel das Spiel, dass wir über lange Zeit gespielt hatten. Würde er jetzt etwas sagen, könnte ich nicht mehr so locker mit ihm blödeln und ihn aufziehen.
Er stand dann vor mir, die Hände in den Hosentaschen vergraben und malte mit der Fußspitze Halbmonde auf den Boden, während er sich scheinbar sammelte. „Na, was magst du mir sagen?“, platzte es irgendwann aus mir heraus. Noch immer stand er da, den Blick auf den Boden gerichtet.
„Also, da ist demnächst das Abschlusskonzert der Schürzenjäger. Kennst du die?“ Ich schaute ungläubig, bejahte und fragte, wie er denn jetzt auf die käme. „Naja, also die Schürzenjäger geben ein Abschlusskonzert und ich hätte hinten im Auto noch einen Platz frei.“
Ich schaute ihn noch fragender an. Wirklich? Ich bei den Schürzenjägern? Ähm …. nee. Ich sagte ihm also, dass das so ziemlich die letzte Musik wäre – wenn man es denn als Musik bezeichnen könne – die ich mir freiwillig antue. Nicht umsonst wurde ich als Kind auf langen Urlaubsfahrten immer mit Heino und Konsorten gefoltert, wenn wir frech waren, und kann bis heute sämtliche Wolle Petry Songs auswendig. Also, nee!
Die Entrüstung, dass ich seinen Musikgeschmack nicht teile und ebenso den, für ihn, epischen Moment des letzten Konzerts, schluckte er sichtlich runter und versuchte, mich zu überreden. „Aber wir haben den kompletten Kofferraum mit Bier voll. Das wird toll!“
Ich seufzte, setzte mich und begann, ihm behutsam nahe bringen zu wollen, dass ich weder die Musik mag, noch gern Bier trinke und deswegen diese Einladung ablehne. Es schmeckt mir schlichtweg nicht. Und zwei volle Tage mit einer Horde Jungs, die sich am liebsten über Landwirtschaft, Traktoren und Schlager unterhalten würden, war keine Aussicht, auf die ich mich freute.
Er war sichtlich gekränkt und es tat mir selbst weh, ihn da so zu sehen. Dennoch startete er einen letzten Versuch. „Weißt du was, Julie? Dann kauf ich dir halt nen weißen Sprudel!“
Und jetzt konnte ich mich nicht mehr zurück halten. Ich fing an, aus vollem Herzen zu lachen. Hatte er das gerade wirklich getan? Hatte er versucht mich zu bestechen? Er bot mir tatsächlich an, mir weiße Limo zu kaufen, damit ich ums Bier herum und somit mitkomme. So ein herzensguter, lieber Kerl. Aber eben nicht das, was ich suchte und wollte.
Nachdem ich mich beruhigt hatte, drückte ich ihn und erklärte ihm, dass ich ihn mag. Sehr sogar. Aber eben nicht SO. Wir einigten uns darauf, dass wir uns gern weiterhin sporadisch in der Disko oder auf Festen treffen können – als Freunde und er schien es irgendwie hinzunehmen.
Kurze Zeit später verlief sich unser Kontakt. Er schrieb immer seltener zurück und ich akzeptierte. Für ihn hoffe ich, er hat sein Glück gefunden. Jemanden, der das, was er liebt, genauso wertschätzen kann und den das Leben auf einem Bauernhof nicht abschreckt.
Aber diese kroteske Situation mit dem weißen Sprudel, ja, die bleibt mir. Und noch heute schmunzle ich darüber.
Herzlichst, die Julie
2 Kommentare
Mama Maus
Hallo Julie,
Was für eine herzliche Geschichte.
Ich wünsche mir für dein Gegenüber, dass er sich bei seinen folgenden Bekanntschaften wieder getraut hat und irgendwann seine passende Hälfte gefunden hat.
Viele Grüße
Mama Maus
Julie
Oh ja, das wünsche ich mir auch. 🙂