Der Elternabend // Ist Abwesenheit fehlendes Interesse?
Ich habe neulich ein Tiktok gesehen, das mich ehrlich wütend gemacht hat. Eine Mutter saß vor der Kamera und erzählte, dass beim Elternabend ihres Kindes nur 6 von 25 Eltern (oder so) da waren und es absolut unverständlich sei, dass man so wenig Interesse an seinem Kind habe. Auf meinen Einwand hin, dass das ihre Interpretation sei, kam nur, das seien Fakten. Eltern, die ihre Kinder lieben, gehen zu jedem Elternabend.
Nö, einfach nö!
Auch wenn ich im Allgemeinen spreche, gebe ich jetzt ein kurzes Beispiel unserer Elternabendpläne. Hier überschneiden sich alleine heute zwei Elternabende an der gleichen Schule, weil verschiedene Jahrgänge zeitgleich abgehandelt werden. Hätten wir nicht so tolle Menschen in unserem Leben, könnten entweder mein Mann oder ich nur einen Elternabend besuchen und müssten den anderen sausen lassen, denn klonen ist nun einmal nicht. Und die Kinder stehen unter Aufsichtspflicht.
Abgesehen davon gibt es so viele Gründe, warum man es mal nicht zu einem Elternabend schafft oder geht. Und diese haben alle nichts mit fehlendem Interesse am eigenen Kind zu tun. Man möge sich vorstellen, das Kind kotzt durch und man will niemanden anstecken. Oder man selbst kommt, weil man sich den Magen verdorben hat, nicht mehr vom Pott. Vielleicht gibt es auch keine Bezugspersonen, die in der Zeit auf das Kind oder die Kinder aufpassen können.
Oder – ein ganz abwegiger Grund – manchmal müssen Eltern sogar arbeiten, damit sie die Schulen und Ausbildungen ihrer Kinder irgendwie finanziert bekommen und können keine Schicht tauschen.
Manchmal, gerade in ländlicheren Gegenden, gibt es auch keine Zug- oder Busverbindung und nicht alle Eltern haben einen Führerschein, eine Mitfahrgelegenheit und die Kraft, das zu organisieren.
Dazu ist es auch einfach so, dass man, sollte man mehrere Kinder haben, irgendwann nicht mehr die Zeit opfern möchte für das dritte Mal „Lernen lernen“ oder die Aufklärung, wie das mit dem Schullandheim funktioniert, weil man es eben die zweimal davor auch schon verinnerlicht hat.
Und dann gibt es Gründe, die andere einfach nichts angehen. Depressionen oder Sozialphobie beispielsweise. Oder der Verlust eines Menschen, den man in der Zeit zu verarbeiten versucht. Aber auch andere Krankheiten, die einen an der Teilnahme hindern.
Was mir sonst so durch den Kopf geht.
Ist Abwesenheit vom Elternabend fehlendes Interesse?
Mit Sicherheit wird es Kinder geben, deren Eltern sich nicht für sie, ihre Kindheit und ihre Zukunft interessieren. Die gibt es leider in jedem Jahrgang, in jeder Schulart und es tut mir unglaublich leid für die Kinder.
Die Mehrheit der Eltern jedoch liebt seine Kinder zum Glück und hat nur das Beste im Sinn. Dazu zählt auch, dass man Kindern vorlebt, dass nicht alles geht und dass man nicht in Schubladen denkt, bzw. andere direkt aufgrund von Momentaufnahmen in diese einordnet.
Wertschätzung und Interesse kann man auch anders zeigen
Wir stehen beispielsweise so in Kontakt mit den Lehrkräften in den Fächern, bei denen wir es für wichtig erachten. Wir stehen auch in Kontakt mit den Lehrkräften der Kinder, die sich schwerer tun als die anderen. Es findet regelmäßiger Austausch statt.
Auch nehmen wir fast alle Schulfeste und Veranstaltungen mit, wenn diese in unseren Zeitplan passen – manchmal überschneiden sie sich einfach mit Geburtstagen und Festen anderer Einrichtungen – und bringen uns da durch Kuchenspenden etc. ein.
Ich bin mir sicher, dass dies die meisten Eltern auch tun, weil sie eben – unabhängig von einem Elternabend – wissen wollen, wie es den Kindern in der Kita und Schule geht. Weil das Kind und sein Wohl im Vordergrund steht.
Also nein, liebe Heidelberta (dieser Name ist stellvertretend für alle, die sagen, man solle sich nicht so anstellen), Abwesenheit zeugt nicht von fehlendem Interesse, sondern von fehlenden Möglichkeiten und guten Gründen. Pack dir deine Vorurteile und Schubladen bitte da hin, wo niemals die Sonne scheint und bring deinen Kindern bitte mehr Toleranz und Empathie bei als du es im Netz auslebst. Danke!
Und damit schließe ich meinen Rant zum Elternabend am Mittelfingermittwoch – und bereite mich mental auf beide Elternabende heute Abend vor.
Herzlichst, die Julie
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PS: Titelbild ist mit Genehmigung meiner Tochter geteilt. 🙂
Ein Kommentar
Sari
Hm…jein. Also in der Grundschule bin ich zu jedem Elternabend hin, einfach viel die Kids das meiste an Schulzeug in der Schule haben und ich teilweise null Durchblick habe, was sie da eigentlich gerade so machen und wie sich mein Sohn so hält. Da gibt es nur die Wochenhausaufgaben, die mir in etwa einen Einblick gewähren und da bin ich ja dann beim Arbeiten dabei. In der Grundschule will ich schon gerne ein wenig in die Entwicklung involviert sein. Beim Großen habe ich aber gemerkt, dass es da stark nachlässt, die Themen sich mehr und mehr doppeln und man die meiste Zeit des Abends damit verbringt irgendein Elternteil zu überzeugen Elternsprecher zu werden, sonst können wir nicht gehen. Klar bleiben da Eltern zu Hause. Ich will auch kein Vertreter sein, habe bei all dem Vereinsleben und meinem Ehrenamt dafür überhaupt keine Zeit. Zumal die Kids in dem Alter schon sehr selbstorganisiert sind. Zu den Infoveranstaltungen bezüglich Schulpraktikum oder Klassenfahrt gehe ich dann aber doch hin, einfach um die vielen (manchmal echt unnötigen Fragen) nicht zu verpassen.
Letztendlich muss jeder selber schauen, wie er es für sich einrichten kann. Ich merke, wenn man nicht selber geht, kommen die Infos nur halb bei einem zu Hause an und das nervt mich dann doch. Aber nicht jeder kann es halt in seinen Alltag unterbringen, das hat aber nicht gleich mti Desinteresse oder so zu tun. Und im Gro gleichen sich die Themen ja doch, so dass man irgendwann weiß was so kommt…