Hausaufgaben in der Großfamilie: Ein Einblick in unseren Alltag beim Erledigen der Schularbeiten mit einer Prise Humor auf Puddingklecks
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Die Sache mit den Hausaufgaben // ein ehrlicher Einblick in den Großfamilienalltag

Hausaufgaben in der Großfamilie zu erledigen, das stellt man sich immer ein bisschen romantisiert vor. Alle sitzen einträchtig nach dem Essen am Tisch und schreiben ruhig ihre Aufgaben nieder. Zwischendurch tuscheln sie, weil einer Hilfe braucht und gehen dann wieder zu ihren Aufgaben über. Ja? Denkste! Hier läuft das ganz anders ab und ich hab deswegen mal exemplarisch einen Tag heraus gepickt. So werden die Hausaufgaben in der Großfamilie nämlich wirklich erledigt.

(Hier findest du übrigens meinen Beitrag zum Thema Familienmanagement – so viel Zeit bleibt wirklich.)

*****

12:15 Uhr – Der Zwerg hat nun Unterrichtsschluss und ich stehe mit jammerndem Baby in der Hüfte am Herd, um Essen zu zaubern. Dem Heimweg von 10 Minuten, wenn man langsam läuft, rechne ich noch 20 Minuten oben drauf. Ich kenne diesen kleinen Jungen nun mal schon sehr lange. Sehr sehr lange.

12:33 Uhr – Die Prinzessin ist mittlerweile hier, schmeißt ihren Schulranzen in die Ecke und guckt sich verwundert um. „Wo ist der Zwerg? In der Schule hab ich ihn nicht gesehen?“ Dass er aber noch nicht daheim ist, sieht sie nun auch, verdreht theatralisch die Augen, zieht sich die Mütze wieder ins Gesicht und stapft durch den Schneematsch los, um ihren vertrödelten Bruder zu suchen.

12:45 Uhr – Ich höre Kinderstimmen an der offenen Terrassentür, während ein Baby langsam zornig wird, da die von mir bereits angerichteten Teller noch immer nicht für ihn verfügbar sind. Dabei gibt es heute doch Pellkartoffeln. Ich meine: PELL KAR TOF FELN! Das absolute Lieblingsessen der Prinzessin und vom Babykeks, der hochdramatisch warten muss.

12:50 Uhr – Drei Kinder sitzen am Tisch, während eine Mama wie James, der Butler (du erinnerst dich an Dinner for one?) Kartoffeln nachliefert, dem Keks ein Stückchen in den Mund schiebt, Salz reicht und versichert, dass man von Leinöl nicht vergiftet werden kann. Irgendwann ist der Zwerg fertig, weil er nach zwei Kartoffeln festgestellt hat, dass ihm die Schale nicht behagt, und schnappt sich das mittlerweile auch brustgetränkte Baby.

13:02 Uhr – Ich frage, wie viel Hausaufgabe die beiden großen Grundschulmäuse auf haben, was mit „Gaaanz wenig“ eintönig abgewiegelt wird. Auf meine Frage, was es denn sei, druckst der Zwerg herum. „Ja, weißt du … ich finde doch mein Hausaufgabenheft nicht mehr … Also weiß ich nicht, was wir auf haben und kann demnach nix machen! So!“ Das kann ja was werden. Im Anschluss wird ein Baby ins Kinderzimmer entführt – natürlich ohne Schulranzen. Und somit ohne Möglichkeit, noch einmal nachzuprüfen, ob man die passenden Seiten findet.

13:05 Uhr – Nach Beseitigung des Kartoffelmassackers sitze ich in aller Ruhe am Tisch und esse meinen Salat. Die Schulmaterialien sind nach mehrmaligem Hinterherrufen zwar oben, aber ich höre nur Lego Duplo und ab und an einen zornigen Babykeks, weil er nicht länger als 20 Sekunden frei stehen kann. Soll ich darauf hinweisen, dass die Medien erst zum Zuge kommen, wenn alles erledigt ist? Ich überlege noch.

13:35 Uhr – Die Kinder spielen noch seelenruhig. Ich habe mittlerweile Kaffee 3 vor mir. Mit schnuckeligen 700 ml versteht sich. Moralisch bereite ich mich darauf vor, den Zwerg in 10 Minuten dem Spiel zu entreißen, damit er noch einmal Klavier üben kann, bevor ich ihn ins Schneechaos entlasse. Ich weiß, er freut sich. Nicht.

14:05 Uhr – Ein Zwerg macht sich unerschrocken auf den Weg zur Klavierstunde. Hausaufgabe? Hat er bis dahin nicht gemacht. Er weiß ja auch nicht, was er auf hat. Kann man nichts machen oder? Die Prinzessin ebenso wenig. Sie „musste“ ja mit dem Baby spielen, meint sie. Ganz selbstlos natürlich. Also nehme ich ihr auch – ganz selbstlos – den Keks ab, damit wenigstens eine vor dem Abendessen durch ist. Außerdem bringe ich nun den Keks, wieder ganz ohne Hintergedanken natürlich, zu seinem Nachmittagsschläfchen. Die Prinzessin allerdings zieht sich doch an und begleitet den Zwerg. Sturmfrei!

Auf dem Weg zum Klavierunterricht

14:25 Uhr – Ich bin dem Schlafzimmer entkommen und suche verzweifelt nach der Nummer eines Schulkameraden des Zwerges. Nebenher erfahre ich durch eine Nachricht des Mannes, dass das Hausaufgabenheft wohl durch wundersame Weise verschwand, nachdem er den Zwerg daran erinnert hatte, wofür es verwendet wird. Ähm … ja. Wenn sonst schon keiner was tut, arbeite ich eben am nächsten Blogbeitrag. Einer muss ja was tun. Auch wenn die Wäsche dafür liegen bleibt.

15:00 Uhr – Zwei durchweichte Kinder klingeln an der Haustür. Das Baby, das vom Nachmittagsschlaf auch nicht viel gehalten hat, trommelt derweil mit dem Telefon auf meinen Kopf. Auf dem Heimweg haben die beiden einen Klassenkameraden getroffen. Auf die Idee, ihn nach der Hausaufgabe zu fragen, sind sie aber nicht gekommen. Also schicke ich den durchgefrorenen Zwerg noch einmal los zum Freund 100 Meter weiter. Zurück kommt er und sagt, er sei sich nicht sicher. Wie, nicht sicher? Naja, er weiß nicht, ob der Freund die Seiten vertauscht hat. Es bleibt spannend.

15:10 Uhr – Manuel kommt abgehetzt heim, schnappt sich die Prinzessin und das Schlaf verweigernde Baby und überreicht mir dafür im Gegenzug einen übermüdeten Frosch. Der Zwerg philosophiert noch immer am Esstisch, was er denn zu tun hätte – oder eben nicht. Ich hab Kaffee. Zwar mittlerweile kalt, aber immerhin Kaffee. Zwischendurch summe ich innerlich „Jede Zelle meines Körpers ist glücklich“, um dem Drama den richtigen Anstrich zu verpassen. Hausaufgaben erledigt? Null. Stattdessen ein „ICH HAB DOCH GESAGT, DASS ICH KEINEN STEMPEL WILL!“. Es sind die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Stempel oder nicht. Das ist hier die Frage.

15:32 Uhr – Ein kleiner Frosch läuft Flöte spielend durch das Haus und unterhält uns mit schaurig schiefen Tönen, nachdem ich drei Bücher vorgelesen habe. Kann mich bitte jemand abholen? Der Zwerg redet ohne Unterlass, während er seine Aufgaben, auf die er sich schließlich doch festlegen konnte, nebenher irgendwie erledigt. Plötzlich hält er inne, um mir mit theatralischer Geste zu erklären, dass er seinen Löffel verloren hat. Den Löffel, den er heute früh von mir für seine Pause mitbekommen hat. Ich schlucke meine Worte herunter und stoße stattdessen mühsam ein „ZWERG, BITTE SCHREIB JETZT ENDLICH DIESE 10 WÖRTER! 10! DU SCHAFFST DAS!“ aus.

15:40 Uhr – Es folgt ein 7-minütiger Monolog darüber, ob man Häschen Hä-schen oder Häs-chen ausspricht.

15:50 Uhr – Geschafft! Eines von drei Kindern ist komplett mit der Hausaufgabe fertig. Die anderen sind noch nicht zurück oder machen sich jetzt bereit, mit dem Schulbus heimzufahren. Statt ein paar Minuten Pause folgt eine Grundsatzdiskussion über die Bestimmung von Nomen und warum man Namen, obwohl der Mensch dahinter selbst klein ist, groß schreiben muss. Irgendwann sind sogar das Mäppchen und die Hefte verschwunden. Dafür wird der Bastelkeller – ja, sowas besitzen wir – für den Kunstunterricht unsicher gemacht.

Bastelmaterial Holz Hausaufgabe Grundschule

16:10 Uhr – Es geht in die nächste Runde. Die Prinzessin ist wieder da und weiß, was ihr nun blüht. Der Zwerg hat sich derweil zum mittlerweile stillen Frosch geschlichen und nutzt seine Medienzeit und klinkt sich aus. Manuel ruft ihn zu sich und drückt ihm ein neues Hausaufgabenheft in die Hand. Es ist bemerkenswert ruhig, bis wir diskutieren, wie die Adjektivbildung zu Hass ist. Nachdem wir nach wenigen Minuten noch immer zu keiner Lösung kommen, beschließt die Prinzessin, das mit ihrer Lehrkraft auszudiskutieren.

16:25 Uhr – Offizielle Hausaufgabenpause – wir sind auch schon so lange dabei – um die Überreste der Brotzeit zu essen. Also das Kind. Nicht ich. Ich klammere mich noch immer an Kaffee und starre auf den immer dunkler werdenden Himmel. Dem Gesichtsausdruck zufolge schmeckt Salat auf dem Brötchen abends nicht mehr ganz so toll. Sie enthält sich dennoch eines Kommentars.

16:45 Uhr – Das zweite Kind ist fertig. Alle Hausaufgaben sind erledigt. Auf meinem Smartphone ploppt eine Nachricht auf: Hole mich von der Bushaltestelle ab! Zu Befehl, Großkind! Keine 30 Sekunden später kommt die nächste Nachricht: Hups, Herzchen vergessen! Immerhin fällt es ihr selbst auf. Sekündlich werde ich über den Standort informiert, bis ich Manuel los schicke, um sie von der Haltestelle im Ort abzuholen.

17:07 Uhr – Nach Irrungen und Wirrungen hat die Große mit ihrem Papa wieder nach Hause gefunden. Aufgeregt wie ein Eichhörnchen auf Drogen hüpft sie vor mir auf und ab und erzählt mir von ihrem Tag, bis ich sie irgendwann sachte ausbremsen und nach Hausaufgaben fragen kann. Hausaufgabe? Ja, hat sie. Allerdings fällt das Fach bis Freitag aus und sie möchte doch bitte bitte bitte Zeit mit ihren Geschwistern verbringen. Selbstlos. Wie alle hier sind. Also lasse ich 5e gerade sein und gebe sie frei.

17:15 Uhr – Manuel ist mit dem Baby auf dem Weg zum HNO. Mal wieder ein Trommelfelldurchbruch. Derweil sitzen vier größere Kinder glückselig im Bücherzimmer, haben ihre Konsolen vor sich und spielen ausgelassen. Wenn die wüssten, dass ich sie nachher noch ausquetsche und abfrage. Wenn die drei großen Kinder wüssten …. Jaja …. Aber jetzt, jetzt habe ich endlich wirklich Zeit um zu verschnaufen. Puh.

Und so stehe ich zwischen 17:15 Uhr und 18 Uhr in der Küche, mache das Abendbrot, trinke den letzten Schwaps kalten Kaffee, der mittlerweile den 4. Rand in der Tasse hinterlassen hat und atme tief ein und aus. Im Hintergrund läuft James Blunt mit Simona. Und ich kann dieser armen Frau so nachempfinden. Gleich geht es weiter mit Abendbrot, der Abfrage für die morgigen Fächer und dem zu-Bett-bringen. Vielleicht schaffe ich dann noch selbst 2-3 Seiten in meinem aktuellen Buch, das ich seit August versuche zu lesen, bevor mich der Babykeks ins Bett ruft. Lieblich wie immer. Denn das ist mein Job als Mama. Und mit etwas Glück haben auch Manuel und ich noch etwa 5 Minuten ungestört für ein Gespräch. Ohne, dass jemand wütend aufstampft, weil er sich die Matheformel nicht merken kann. Ohne dass jemand, der zuvor 1000 % satt war, nochmal die Treppe herunter torkelt, um eine Scheibe Brot abzugreifen. Hausaufgaben in der Großfamilie? Ein Klacks. Oder so ähnlich! Und ja, nach so einem Tag bin ich froh, daheim bleiben und diese Nachmittage betreuen zu können. Denn wer weiß, wie es aussähe, hätten wir diese Möglichkeit nicht.

Herzlichst, die Julie

 

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Hausaufgaben in der Großfamilie? So sieht ein Nachmittag mit Schularbeiten wirklich aus! Ehrlich, ungeschönt und mit einer Prise Humor berichte ich exemplarisch.

 

4 Kommentare

  • Denise BloggerMum

    Super geschrieben, wie immer! Hier ist es entspannter, weil der Große eigentlich nie Hausaufgaben hat. Dafür ist das selbständig Lernen das Problem bzw. die „völlig überraschenden“ Klassenarbeiten und Tests, von denen er nichts/einen Tag vorher etwas mitbekommt. Ich bin dann die fiese Mama, die dann zum Lernen drängt und das Wochenende ruiniert, weil ich auf Lernen bestehe (eigentlich gibts die Absprache: einfach jeden Tag 10 Minuten Englisch, 10 Minuten Mathe, 10 Minuten Deutsch wiederholen, Nebenfächer nach Bedarf, was er aber gern nicht macht, wenn ich nicht daneben stehe), nachdem dann 3 Wochen (fast) kein Englisch gemacht wurde und das eben dann kurz vorher geübt werden muss. Der Mittlere hat Sonntag einen bösen Brief an uns geschrieben (ich bin „blöt!“), weil er da die Do und Freitag nicht erledigten Hausaufgaben machen sollte (ich war bis Samstagabend weg). Alltag…

    • Julie

      Ach, ich kann dir so gut nachempfinden. Lernen ist hier auch so ne Nummer, die gern umgangen wird. Wir machen das oft einfach so, dass wir Übungsblätter aus dem Netz ausdrucken und dann müssen die einfach abgearbeitet sein. Und englische Kinderserien fördern zumindest das Sprachverständnis ganz nebenbei. 🙂

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