Haustiere sind keine Geschenke // ein wichtiger Aufruf an alle Eltern!
Weil nun langsam wieder Weihnachten naht und ich es nicht oft genug sagen kann, möchte ich mich heute den felligen Familienmitgliedern zuwenden. Haustiere sind keine Geschenke. Weder zu Weihnachten noch zu Geburtstagen oder sonst irgendwann.
Als ich noch klein war, wollte ich unbedingt Kaninchen. Meine Eltern waren vollkommen dagegen – bis mein Vater einfach so zwei Kaninchen geschenkt bekommen hatte. Wir hatten keinen Stall, kein Futter, nichts. Aber die Kaninchen. Also wurde aus altem Holz und Draht ein Stall gezimmert. Natürlich war ich hin und weg, habe die beiden – das Männchen wurde auf den glorreichen Namen ‚Karli Karotti‘ getauft – geknuddelt und gekuschelt.
Nach anfänglicher Freude fand ich es vollkommen doof, die Tiere täglich versorgen zu müssen. Es war für mich als kleines Kind unglaublich nervig, jeden Tag auf die Felder zu fahren, um Löwenzahn und Klee zu pflücken. Vom Ausmisten reden wir lieber erst gar nicht. Und wir hatten das Glück, dass wir sowohl Heu als auch Stroh von Bekannten mit Landwirtschaft bekamen oder unseren Vorgarten (ja, ich weiß, Privilegien und so) selbst hergestellt haben. Hätten wir das auch noch kaufen müssen … Puh.
Irgendwann war ich dann mit meinem Vater bei seinem Onkel auf dem Bauernhof gewesen und da lief dieser eine kleine Kater rum. Die Augen zugeklebt, total abgemagert, das Fell matt und brüchig. Zwei Stunden später saß ich im Auto auf dem Heimweg – mit Kater auf dem Schoß. Dass meine Mutter nicht sonderlich begeistert war, muss ich nicht erwähnen oder? Dennoch fuhren wir zum Tierarzt, päppelten ihn auf und schlossen ihn alle in unser Herz.
Einige Zeit später wurde er vom Auto überfahren. Mir brach es das Herz. Der Verlust meines Katers war für mich traumatisch und traf mich absolut unvorbereitet. Daran hatte ich einige Zeit zu knabbern.
Als ich irgendwann auszog, um mit Manuel zusammenzuwohnen, holten wir uns zwei Kätzchen vom Tierschutzbund. Uns wurde verschwiegen, dass die beiden Mädels nicht auf das Katzen-Aids getestet wurden. Ein halbes Jahr später saß ich mit Heulkrämpfen im Auto, während Manuel mit beiden Katzen bei einer Tierärztin war, um die beiden von ihrem Leid zu erlösen. Nicht nur die Trauer fraß uns auf, sondern auch die bis dahin aufgelaufenen Behandlungskosten.
Dennoch haben wir auch heute noch Haustiere. Unser Kater ist seit fast 13 Jahren bei uns. Zwischenzeitlich hatten wir auch Kaninchen und mussten uns leider von ihnen verabschieden, was gerade für die Kinder unglaublich schwer war.
Haustiere sind keine Geschenke!
Heute, selbst Mama von 6 Kindern, weiß ich, wie schwer es ist, den andauernden Bitten der Kinder auszuweichen und hart zu bleiben. Ich weiß, wie es ist, wenn große Kulleraugen mit Dackelblick versuchen, ein Meerschweinchen zu bekommen. Wie es ist, in enttäuschte Gesichter zu blicken, wenn man erklärt hat, dass finanziell und zeitlich kein Hund möglich ist.
Und ich weiß um die Verantwortung, die wir Eltern tragen. Kinder sind sich nämlich gar nicht bewusst, welches Ausmaß die Anschaffung eines Tieres hat. Da ist nämlich weit mehr, als nur ein paar Futterdosen zu kaufen. Pflege, Zeit, Geld, Emotionen.
Eine artgerechte Haltung kostet je nach Tier unglaublich viel Zeit und Geld. Man shoppt Tiere nicht wie neue Unterhosen und setzt sie dann vor dem Tierheim ab, wenn’s anstrengend und unbequem wird. Das sind Lebewesen.
Haustiere sind Familienmitglieder
Ja, so doof es klingt, sie gehören zur Familie, binden sich an ihre menschliche Familie und verbringen im besten Fall ihr gesamtes Leben dort. Für dich lebt der Hamster vielleicht nur zwei Jahre. Für ihn ist es sein gesamtes Leben. Er ist auf dein Wohlwollen, dein Verantwortungsbewusstsein angewiesen.
Wir schließen diese Lebewesen in unser Herz, kaufen Spielzeug für sie, gehen mit ihnen zum Tierarzt, nehmen sie mit in den Urlaub und lassen sie in unseren Zimmern schlafen. Wir tragen Verantwortung.
Haustiere können unglaublich teuer werden!
Nicht nur die Anschaffung kostet. Hunde kosten eine Hundesteuer, Tiere brauchen in der Regel eine Versicherung für Sachschäden oder auch für Tierarztkosten, wenn du das nicht aus der Portokasse zahlen kannst. Sie brauchen Zeit und – je nach Tierart – auch eine Menge Erziehung.
Haustiere sind keine Geschenke, sondern sollten eine lange und gut überlegte Adoption.
Haustiere sind keine Geschenke – ein paar Alternativen:
Tierpatenschaften im Tierheim: In Tierheimen gibt es unzählig viele Tiere, die darauf warten, vermittelt zu werden. Sie brauchen Futter, Auslauf, Streicheleinheiten und jemanden, der sich an den Tierarztkosten beteiligt. Gerade für größere Kinder ist es wichtig zu sehen, wie viel Verantwortung hinter der Adoption eines Haustiers steckt und so können sie zeigen, dass sie kontinuierlich dabei bleiben und zumindest den Care-Aufwand zuverlässig übernehmen.
Haustiersitting: Jede*r von uns hat sicher jemanden mit Katzen oder Hunden im Freundeskreis. Oder auch mit Kaninchen, Meerschweinchen, Wellensittichen oder Hamstern. Und die meisten Menschen freuen sich, wenn man anbietet, sich um das Tier zu kümmern, während sie im Urlaub sind, arbeiten müssen oder einfach mal ne Pause brauchen. Gut erzogene Hunde können dann auch immer wieder (natürlich unter elterlicher Aufsicht) Gassi geführt werden und die Kinder kommen mit Tieren in Kontakt, ohne sich dauerhaft zu verpflichten. Nachdem beispielsweise 3 Wochen lang der Hamster der Nachbarin gefüttert, gemistet und unterhalten wurde, kannst du als Elternteil schon klare Tendenzen sehen, ob dein Kind am Ball bleibt oder das Engagement verliert.
Gnadenhöfe: Hier gibt es Tiere, die aus Massenzucht befreit und/oder vor dem Tod gerettet wurden. Dabei wird ihnen das Leben so artgerecht und friedvoll wie möglich gestaltet. Hier kannst du die Tiere besuchen, dich mit Sach- und Geldspenden einbringen und unter Umständen sogar ein Tier adoptieren, wenn du dir sicher bist, dass du sein ganzes Leben für es da sein wirst.
Sicherlich gibt es noch andere Möglichkeiten, mit Tieren in Kontakt zu kommen, ohne die volle Tragweite der Verantwortung übernehmen zu müssen.
Urlaub auf dem Bauernhof: Auch wenn ich persönlich mit Bauernhöfen mittlerweile so meine Probleme habe, sind sie eine tolle Chance, Kinder mit Tieren in Kontakt kommen zu lassen.
Haustiere sind keine Geschenke
Und auch, wenn sie noch so süß schauen, sie werden irgendwann alt, bekommen ihre Eigenarten, brauchen medizinische Behandlungen und kosten verdammt viel Geld.
Überlege dir also bitte gut, ob du den Wunsch nach einem kleinen Lebewesen für euren Haushalt erfüllen möchtest und die damit verbundenen Aufgaben annehmen möchtest.
Unser Kater wird jetzt 13 Jahre alt und ich merke, wie der Zahn der Zeit an ihm nagt. Er wird tattriger, hat kaum noch Zähne, wird beim Futter immer mäkeliger und maunzt mich regelmäßig nachts raus. Ich merke, wie es mich belastet, dass ich mich nach und nach auf einen Abschied einstellen muss. Und auch die Kinder merken es.
Ob wir uns nach Tigers Ableben wieder ein Tier ins Haus holen? Ich bezweifle es. So gern ich diesen flauschigen Kerl habe, so sehr er uns allen ans Herz gewachsen ist, so wenig möchte ich mich nach seinem Ableben einschränken lassen. Das klingt hart, ist es auch. Doch ich werde dann eher in Tierschutzprogramme spenden, als mich selbst wieder über so lange Zeit zu binden. Außer es gibt dort draußen ein Tier, das so unbedingt zu uns möchte, wie der Tiger damals.
Zu Weihnachten gibt es bessere Geschenke
Gemeinsame Zeit beispielsweise ist ein tolles Geschenk. Denn die besten Brettspiele nützen nichts, wenn man sie nicht gemeinsam spielt. Vielleicht ist auch der gute alte Tamagotchi* eine – zugegebenermaßen nicht heranreichende – Alternative zum Haustier.
Und eigentlich kommt es ja auch nicht auf die Geschenke an, sondern auf die gemeinsame Zeit und das Gefühl der Zugehörigkeit.
Herzlichst, die Julie
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