Momshaming und Bodyshaming ist out! Für mehr Realität!
Ein Beitrag, der längst überfällig ist. Am besten schon vorgestern oder letztes Jahr hätte er erscheinen sollen. Aber weißt du was? Damals war mir Momshaming im Internet und Bodyshaming so noch gar nicht wirklich im Zusammenhang bewusst. Da ich aber in den letzten Wochen und Monaten viel an mir, meiner Einstellung zu mir und an meiner Selbstakzeptanz gearbeitet habe, wird es mir immer klarer.
Momshaming im Internet ist an der Tagesordnung!
Was ich damit meine? Hmm … Ein Beispiel: Ich zeige mich schwanger auf Instagram und bekomme daraufhin Nachrichten, wie mutig es sei, sich so zu zeigen. Kurz darauf zeige ich mich nach unserem Wunschkaiserschnitt und bekomme Nachrichten, dass es toll ist, wie ich damit umgehe, aber dieser Körper werde sich sicher noch zum Positiven verändern und ich müsse nicht damit leben. *zwinkerzwinker*
Ganz abgesehen von der unverschämten Nachricht eines Vertreters eines Kapselherstellers, der mir zwei Tage nach der Bauchgeburt der Babymaus „helfen“ wollte, „meine persönlichen körperlichen Ziele zu erreichen“. Ähm ja. Kein Einzelfall übrigens.
Geht’s noch?
Und das ist nicht alles. Neulich hatte ich ein Foto in der Instagram Story, in der ich mein Baby stillte. Ich ernährte es über meine Brust, weil es Hunger hatte. Wir erinnern uns: Babys ernähren sich entweder über die Brust oder per Flasche. Die sitzen noch nicht am Esstisch und mampfen Steak. (Komisch, ich weiß!) Daraufhin trudelten Nachrichten – lustigerweise vorwiegend von weiblich gelesenen Personen – ein, warum ich mich denn so entblößt zeige und dass das ja schon sehr intim sei.
Mein Körper, meine Entscheidung!
Ja, das mag seltsam klingen. Vor allem, weil in Zeiten von Social Media ja wirklich fast jeder denkt, er kenne den oder die, welche Bilder ins Netz stellen, Ausschnitte des Alltags zeigen oder auch nur mal das Mittagessen zeigen, richtig. Aber bei meinem Körper und bei dem, was ich zeige, hat niemand etwas mitzureden.
Und wenn ich mich in Omaschlüpfern, ausgefranstem BH und Beinpelz, der dem Yeti Konkurrenz macht, zeige – es ist meine Entscheidung. Ich muss für mich entscheiden, ob ich mich so wohl fühle, mich so zu präsentieren. Niemand anderes.
Mehr Realität, weniger Fake!
Mir geht es wirklich auf den Senkel, dass man mittlerweile dafür gelobt wird, sich echt zu zeigen. Dass es mutig ist, sich ohne Filter im Netz zu präsentieren. Dass es immer mehr die Seltenheit wird, dass normale Körper (nach einer Schwangerschaft und auch allgemein) Zeit brauchen. Zeit und Liebe und kein optimiertes Sportprogramm, das nur das Geld aus der Tasche zieht.
Es stört mich massiv, dass Menschen, die nicht der (willkürlich festgelegten) Norm entsprechen, gebodyshamed werden. Gibt es das Wort überhaupt? Es wird mittlerweile so viel Augenmerk auf gefakte Äußerlichkeiten gelegt, dass für normale Menschen kaum Raum mehr bleibt. Und wenn, dann wird man seltsam beäugt.
Davon will und kann ich mich nicht mehr einschüchtern lassen und zeige meine Cellulite, meine Kilos zu viel und die Dehnungsstreifen ohne schlechtes Gewissen, was die anderen denken. Denn es ist MEIN Körper. Ich tue damit niemandem weh.
Das hier ist kein Fishing for Compliments.
Du musst mir nicht in die Kommentare schreiben, wie toll ich aussehe. Oder dass mir meine Rundungen stehen. Ehrlich nicht. (Außerdem weiß ich das auch so. :P)
Mein Körper braucht keine Bewertung von außen. Meine Ausmaße verletzen niemanden und müssen von niemandem kommentiert werden. Weder während einer Schwangerschaft – wie zum Beispiel: Boah, ist dein Bauch schon dick! – noch zu einem anderen Zeitpunkt.
Versteckte Seitenhiebe in Komplimenten
Ich finde es toll, dass du dich so zeigst, OBWOHL du so aussiehst.
Was soll denn der Käse? Was möchte man damit ausdrücken? „Ey, du siehst total scheiße aus.“ Na danke auch!
Total mutig, dass du dich so zeigst!
Das heißt für mich übersetzt: Also iiiiich würde mich ja niemals nie so zeigen, wenn ich so aussehen würde.
Ich selbst kann damit umgehen. Mich verletzen solche Sätze nicht (mehr). Weil ich jetzt mit 6 Kindern und Mitte 30 einfach andere Probleme habe als die Optimierung meines Körpers. Mein Fokus ist woanders und ich bin mit mir und meinem Körper im Reinen. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er trotz vieler Schwangerschaften und Operationen noch immer so gut funktioniert. Mehr interessiert mich dabei ehrlich gesagt nicht mehr.
Andere Menschen, Menschen mit weniger Selbstbewusstsein, kann sowas aber absolut aus der Bahn werfen und zweifeln lassen. Muss das sein? Ich glaube nicht. Kann man dann nicht nach dem Sprichwort verfahren, einfach mal den Mund (oder die Finger still) zu halten, wenn man nix freundliches zu sagen hat? Wenn das vermeintlich Nette eigentlich nur eine Spitze ist?
Das gilt übrigens auch für Menschen, die schlank sind und dauernd pseudobesorgte Nachrichten bekommen, ob sie denn genug essen würden. Bodyshaming geht nicht nur in eine Richtung.
Bei männlich gelesenen Personen ist das Bloßstellen und Austeilen meist kein Thema.
Hast du schon einmal im Freibad erlebt, dass man einen Mann mit Übergewicht angesprochen hätte, er solle sich bitte etwas überziehen, das D-Körbchen sei zu aufreizend? Hast du schon einmal erlebt, dass man einer durchschnittlichen männlich gelesenen Person unter jedes zweite Bild rotzt, dass man sich ja selbst so niemals nicht zeigen würde und wie mutig das sei?
Diese Fixierung auf Äußerlichkeiten gibt es dort (in den allermeisten Fällen) nicht. Da ist es wurscht, ob Friedhelm Achselhaare bis zum Bauchnabel hat und Fanz-Ferdinand seine Boobies zur Schau stellt.
Aber wehe, ich packe die Brust zur Nahrungsaufnahme meines Säuglings aus. Ganz ohne sexualisierte Gedanken. Da brennt das Internet!
Deshalb eine freundliche Erinnerung:
Ich darf tragen, was ich will, wann ich es will. Und ich darf mich zeigen, wie ich will. Unabhängig von meinen Maßen. Du auch!
Der BMI wurde übrigens anfangs des 19. Jahrhunderts durch den Belgier Adolphe Quetelet entwickelt, der 6000 Soldaten vermaß, um daraus die Normverteilung zu ermitteln. Dabei berücksichtigt der BMI weder Geschlecht, Fettanteil noch Körperbau. Er ist also ziemlich umstritten. Wer in der Norm (die auch irgendwann willkürlich festgelegt wurde) liegt, muss nicht unbedingt gesund sein. Wer die Normwerte unter- oder überschreitet, muss nicht unbedingt ungesund sein.
Körper sind verschieden. Menschen sind verschieden. Bevor du andere Menschen beurteilen möchtest, schnapp dir einen Besen und kehre vor deiner eigenen Tür.
Herzlichst, die Julie
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4 Kommentare
Melanie
Liebe Juli, wir sind doch alle einfach einzigartig und wunderbar. Ich trage mittlerweile wieder kurze Hosen und Röcke trotz riesiger Krampfadern. Ich sehe es nicht mehr ein aus Scham im Sommer zu schwitzen, unter irgendeiner Strumpfhose. Schlicht und unschön ausgedrückt:“sch… drauf“.😁
Liebe Grüße aus dem Norden Melanie (die ihre Krampfadern jetzt gerne zeigt und manchmal seltsame Blicke dafür erntet)
Bienchen
Wenn den Leuten nicht gefällt, was sie da sehen, können sie ja woanders hingucken.
Meine Kilos muss ich schleppen, hungrige Babies gehören gestillt und niemand hat sich Krampfadern gewünscht.
Erstaunlich finde ich nur, dass ich als Frau immer top aussehen soll und es niemand doof findet, wenn der Mann vor mir an der Kasse Fettfransen hat, stinkt und zentimeterlange Nagelpilzkrallen aus den Sandalen hängt.
Jessica
Danke für die tollen Worte die du gefunden hast! Hat es einen Grund, dass mir in dem Artikel beim Scrollen 5 mal Werbung für ein nervenberuhigendes Mittel gegen Stress angezeigt wurde. ☺️
Viele Grüße, Jessica (zweifach Mama)
Julie
Hallo Jessica, freut mich, dass dir der Artikel gefällt. 🙂
Was dir als Werbung angezeigt wird, bestimmt dein Verhalten im Internet. Darauf habe ich keinen Einfluss.
Liebe Grüße