I can buy myself flowers // Was ich mir zum Muttertag wirklich wünsche
Ja, Miley Cyrus hat recht. Ich kann mir meine Blumen selbst kaufen. Mache ich auch oft. Oder ich ordere genaue Farbwünsche und der Herzmann bringt sie mir dann einfach mit. Aber auch ich habe Wünsche zum Muttertag. Kleinigkeiten einfach nur, die aber den Unterschied machen. Und darüber möchte ich heute reden. Über Muttertagswünsche, die eigentlich das ganze Jahr präsent sind.
Denn, wenn wir ehrlich sind, ist es schon eine Farce, dass wir uns das ganze Jahr über den Hintern aufreißen, einen beachtlichen Teil an Care Arbeit und Mental Load leisten, sowohl in der Karriere als auch beim Gehalt als weiblich gelesene Personen massive Abstriche machen, um dann an Muttertag einen Blumenstrauß und einen gebastelten Staubfänger (die ich alle (!) bisher liebevoll angenommen und aufgehoben habe) zu bekommen. Während die anderen 364 Tage im Jahr höchstens die Nase gerümpft wird, wenn man nicht alles davon unter einen Hut bringt. Mal davon ab, dass ich dieses Bild der Glorifizierung von Aufopferung wirklich schwierig, wenn nicht gar bedenklich, finde.
Außerdem: Hat schon mal jemand im Kitaalltag daran gedacht, dass es Kinder gibt, die keine Mama haben? Kinder, die mit diesem Verlust klarkommen müssen? Und was ist mit Kindern, die zwei Papas haben? Oder zwei Mamas? Die Gesellschaft besteht nicht mehr nur aus Mama-Papa-Kind. Dieses heteronormative Bild ist längst nicht mehr aktuell und entspricht nicht der gelebten Realität.
Vielleicht wäre ein „Ich hab dich lieb“-Tag besser als ein Muttertag, auf den grundsätzlich ein Montag folgt?
Was ich mir zum Muttertag wünsche:
Ich wünsche mir Sichtbarkeit. Sichtbarkeit dafür, was Eltern täglich leisten und stemmen müssen. Sichtbarkeit für Care Arbeit und Mental Load.
Ich wünsche mir, dass es ein Ende nimmt, Müttern ein schlechtes Gewissen einzureden, egal für welchen Weg sie sich entscheiden. Denn bisher ist es folgendermaßen: Geht man arbeiten, vernachlässigt man sein Kind. Bleibt man daheim, ruht man sich auf dem Verdienst der Partnerperson aus. Strebt man gar Karriere an, ist man rücksichtslos und egoistisch. Ist man mit einem einfachen Job zufrieden, lebt man den Kindern nicht genügend Ehrgeiz vor.
Apropos Kinder: Bekommt man keines, ist man egoistisch. Bekommt man eines, wird man dauernd gefragt, wann das zweite endlich kommt. Haben beide das gleiche biologische Geschlecht, wird auf ein drittes Kind gedrängt. Haben sie unterschiedliche Geschlechter, ist man verständnislos, wenn ein drittes kommt. Wie man es macht, es ist falsch.
Was auch richtig toll wäre und hier nicht fehlen darf: Funktionierende und sinnvolle Kinderbetreuung von klein auf. Ein Gehalt reicht in der heutigen Zeit einfach in den meisten Fällen nicht mehr, um eine komplette Familie über Wasser zu halten. Wir brauchen eine gute, sinnvolle und funktionierende Kinderbetreuung, um Erwerbsarbeit nachgehen zu können. Denn von Sorgearbeit werden wir nicht satt. Das heißt aber auch, dass mehr Geld in die Ausbildung von pädagogischem Fachpersonal fließen muss, mehr Geld in die Gehälter des Personals und in die Räumlichkeiten gesteckt werden soll. Denn aktuell ist wohl Erzieher*in der unattraktivste Job schlechthin. Ohne Personal keine Betreuung, ohne Betreuung kein Job für uns Mütter. Ohne Job winkt die Altersarmut.
Wo wir gerade bei Armut sind: Wie wäre es denn mit einer Kindergelderhöhung, angepasst an die Inflation? Und mit einer Erhöhung der Rentenpunkte für die Betreuungszeiten angepasst an die Inflation? Oder ganz einfach einer Kindergrundsicherung? Mir würde ja fürs Erste schon reichen, wenn die Gehälter so angepasst würden, dass männlich und weiblich gelesene Personen gleich viel verdienen. Also immer. Nicht nur, wenn man vor Gericht zieht und das einklagt.
Meine Wünsche zum Muttertag sind also nicht groß
Ich wünsche mir Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Gleichberechtigung, Gleichstellung und Sichtbarkeit. Dinge, die für männlich gelesene Herrschaften – Väter – total normal sind. Nicht umsonst können die von geplanten Elternzeiten träumen, die Angelausflüge beinhalten (Grüße gehen raus an Lindner), während Mütter mit ungewaschenen Haaren, Panda-Augenringen und beidseitigen Milchpumpen und von der Geburt gezeichnet völlig fertig auf dem Sofa sitzen und sich kaum noch an den Wochentag erinnern, nachdem sie die Nacht das schreiende Baby durch getragen haben.
Denn wenn Väter mit zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie selbst ihren Teil leisten müssen, statt Feierabend- oder Wochenendväter zu sein, dann sehen sie auch, dass Mütter mehr machen, als im adrett aussehenden Kleidchen eine Ladung Wäsche zu falten oder mit dem Hyla den heimlichen Traum ihres sterilen Eigenheims leben.
Mütter machen einen verdammt guten Job. Eine harten Job, der nicht schon abends um 20 Uhr endet und erst anfängt, wenn der Wecker morgens um 7 bimmelt. Mütter haben kein Wochenende, es sei denn Großeltern (die es in unserem Fall nicht gibt), andere Verwandte oder Väter (der hier alles mit stemmt) übernehmen die Verantwortung.
Ich will keine Glorifizierung von Aufopferung, ich will keinen gekauften Blumenstrauß zum Muttertag. Ich will (nicht „ich möchte bitte“) endlich Anerkennung und Gleichstellung. In allen Belangen. Nicht nur mit Beschwichtigungen ruhig gestellt werden wie Krankenhauspersonal mit Lavendel.
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Und natürlich freue ich mich über einen Blumenstrauß aus Gänseblümchen, Klee und Löwenzahn zum Muttertag. Natürlich freue ich mich über meine Lieblingsschokolade, die mir der Keks überreicht. Und dennoch kann ich mehr wollen. Mehr vom Leben, mehr von gleichgestellter Politik, mehr Fairness. Und gleichzeitig weniger Mental Load, Care Arbeit und Aufopferung. Nicht nur am Muttertag!
Happy Mothersday!
Herzlichst, die Julie
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Bildquelle: Pixabay
Ein Kommentar
Kathrin
So wahr!